Ursprünglich veröffentlicht am 13. Dezember 2024.
Verfasst von: Anja Kaup (PR und Marketing Managerin) – anja.kaup@infocient.de

Im Rahmen der InCon 2024, der Webinar-Serie rund um SAP Analytics der SAP Berater von Infocient, untersuchte Prof. Dr. Carsten Oehler, Chief Solution Adviser bei SAP, die spannende Frage, wie stark Künstliche Intelligenz (KI) Planung und Analyse in Unternehmen verändert wird. Denn KI durchdringt mittlerweile alle Unternehmensprozesse. Das Controlling liegt in der Anwendung von KI allerdings noch etwas zurück, was auf die Komplexität der Systeme zurückzuführen ist. Prof. Oehler beschäftigt sich seit drei Jahren mit dem Thema SAP Analytics Cloud und Planung und bringt hier als Professor für Rechnungswesen und Controlling in Frankfurt Theorie und Praxis zusammen.

Was sind Herausforderungen in der Planung?

Prof. Oehler identifizierte drei Hauptherausforderungen im Planungsprozess:

  • Mangelnde Effizienz: Hoher Aufwand bei der Datenaufbereitung und Implementierung.
    Das ist seit 30 Jahren so und hat sich bislang nicht geändert
  • Bürokratische Prozesse: Langwierige Verhandlungen und Interessenkonflikte.
    Insbesondere wenn es um Zielvorgaben geht, beispielsweise für den Vertrieb, ist ein Planungsprozess immer auch ein Verhandlungsprozess.
  • Fehlendes Vertrauen: Zweifel an der Zuverlässigkeit von Planungsdaten und -ergebnissen.

Challenges in Planning and Forecasting

Abb. 1: BARC-Umfrage von 2021 zu den Herausforderungen im Planungsprozess

Der schmale Grat zwischen Fortschritt und Rückschritt

Zum Thema „Vertrauen in die Daten“ überprüfte Prof. Oehler testweise eine Vielzahl von Engines und fragte nach, wer er sei. Herauskamen viele falsche Antworten, im Gegensatz zu einer Google-Suche, die sofort die richtigen Informationen fand.

Wer ist Carsten Oehler

Abb. 2: Falsche Antworten verschiedener Engines auf die Frage: „Wer ist Carsten Oehler?“

Prof. Oehler zog eine interessante Parallele zwischen dem antiken Orakel von Delphi und modernen KI-Systemen. Das Orakel hatte viel mit Glauben zu tun, dann kam die Aufklärung, die Wissenschaft und Statistik. Inzwischen wissen wir aber bei neuronalen Netzen nicht mehr, warum eine bestimmte Zahl oder Empfehlung entsprechend herausgekommen ist. Er betonte die Notwendigkeit, die Funktionsweise von KI-Systemen verstehen zu können, um nicht in eine blinde Abhängigkeit zu geraten.

Die Rolle von digitalen Assistenten

Zusammenfassungen oder Jobbeschreibungen zu erstellten, können KI-Systeme inzwischen sehr gut. Doch bei der Abfrage von Werten, wie z.B. „Nenne mir meine Top CO2-Emissionsträger“, wird der digitale Assistent nichts liefern können, weil die Informationen nicht vorhanden sind.

Ein Werkzeug, um auch Daten AI-tauglich zu machen, ist die sogenannte Vector Engine. Damit werden im Grunde genommen Zahlen in Vektoren transformiert, damit sie leichter zugänglich sind. Damit es dann möglich, auch solche Abfragen zu beantworten.

Dies wird auch Anreicherung genannt oder Retrieval Augmented Generation Orchestration. Damit hat man einen Co-Piloten an der Seite,  der in der Lage ist zu verstehen, was die Anwendenden grundsätzlich möchten. bei SAP ist Joule der digitale Assistent. Der Co-Pilot holt sich recht intelligent Hilfe von den verschiedenen Language Modells – in SAP Analytics Cloud ist das „Just Ask“ -, um zu einer entsprechenden Unterstützung zu kommen.

How can AI understand my business

Abb. 3: How can AI understand my business ohne Vector Engines

How can AI understand my business mit zwischen geschalteten Vector Engies

Abb. 4: How can AI understand my business mit zwischengeschalteten Vektoren

Wie arbeitet Joule in SAC

Abb. 5: Wie arbeitet Joule in SAP Analytics Cloud?

Praktische Anwendungen von KI in Planung und Analyse

Trotz der Herausforderungen sieht Prof. Oehler großes Potenzial für KI in der Unterstützung von Planungs- und Analyseprozessen:

Bei den Analyseprozessen sind typische Anwendungsfälle:

  • Natürlich-sprachige Erstellung von Berichten
  • Visualisierung und Generierung von Dashboards
  • Autokommentierung – signifikante Zusammenhänge bei Zahlen zu erkennen und auf die wichtigsten Abweichungen von sich aus hinzuweisen und Zusammenhänge zu erklären
  • Generierung von Vorschlägen und Zusammenfassungen
  • Bereitstellung von Kontextinformationen – wo kommen die Informationen her, wie sind Formeln definiert…
  • Verarbeitung großer Datenmengen
  • Beantwortung komplexer Abfragen durch die Kombination von KI mit speziellen Datenaufbereitungstechniken (z.B. Vector Engines)

Bei den Planungs- und Vorhersageprozessen sind typische Anwendungsfälle:

  • Automatische Erstellung von Forecasts
  • Aufbau von Controlling-Modellen für die Planung – denn hier wird es sehr komplex – die Funktion „Menge mal Preis ist gleich Umsatz“ ist noch relativ einfach, aber bestimmte Personal- oder Nebenkostenberechnungen können sehr komplex werden. Hier wurden bereits gute Erfahrungen damit gesammelt, diese Modellberechnungen zu automatisieren.
  • Simulationen aufsetzen
  • Überprüfung der Konsistenz von Planungen – ein sehr wichtiger Punkt – einem automatisierten Forecast wird ein unverzerrter Forecast gegenübergestellt, um eine Gewichtung oder Bias her-auszufiltern und eine höhere Integrität oder Governance zu haben.
    Das Konfigurieren von solchen Modellen soll so einfach gemacht werden, wie wenn man mit Excel arbeiten würde und sich beraten lassen kann, welches die richtigen Formeln sind oder wie man automatisiert einen Würfel erzeugen kann.

Anwendungsfälle für KI in Planung und Analyse

Abb. 6: Einsatzmöglichkeiten von KI in Planung und Analyse

Der Weg nach vorn

Einbindung von Generative AI in alle Prozesse

Abb. 7: Einbindung von Gen AI in alle Prozesse

In einem Stufenplan ist der einfachste Schritt, ein gutes Dashboard zu erzeugen, dann folgt wirklich umfangreichen Content zu erzeugen. Im letzten Schritt, an dem aktuell gearbeitet wird, geht es darum, wie man Planung dediziert unterstützen und Prozesse verbessern kann.

Demo der Kommunikation mit SAP Joule

Es folgt eine Demo (in der Aufzeichnung für Teilnehmende ab Min. 25), wie man sich mit Hilfe eines digitalen Assistenten Daten erzeugen lassen kann.

Im Assistenten Joule kann man auf der rechten Seite im Menü Berichts-Vorschläge anklicken, aber auch freie Abfragen erhalten oder Steuerungscode erzeugen (Scripting). Damit kann man einen Schalter erhalten, der zum Beispiel zwischen kumulierten und absoluten Werten unterscheidet. Schließlich kann man das Ziel des Berichts und das Template auswählen und seinen Bericht fertigstellen.

Man unterhält sich dabei zwar mit SAP Joule, aber im Hintergrund orchestriert Joule diverse Assistenten, um die Informationen zu erhalten.
Bei der Planung ist eine Hauptbeschäftigung die Generierung von Kalkulationsreihenfolgen eines Skripts, wenn man Planungsmodelle oder Treibermodelle aufbaut. Man benötigt diese Kalkulationsoptionen, die genau das machen, und im Beispiel auch die Berichtserzeugung zusammenbekommen.

Vorteile der KI-gestützten Planung und Analyse

  • Deutliche Steigerung der Effizienz durch die Automatisierung vieler Bereiche. Bei der Forecast-Automatisierung durch Machine Learning beispielsweise kann sehr viel Aufwand gespart werden.
  • Beim Bürokratieabbau und der Beschleunigung von Verhandlungen ist es weniger einfach. Zumindest kann BI oder KI die Diskussionen versachlichen. Aber es bleibt die Frage der Unternehmen, die Prozesse deutlich zu verschlanken.
    Beim ICV ist Prof. Oehler in einer Arbeitsgruppe zum Thema Planung und eine zentrale Forderung ist, die Verhandlungs-Prozesse deutlich zu verschlanken und stärker Richtung in Top-Down-Prozess zu gehen, wenn es um ein Target-Setting geht. Dass die KI aber selbstständig verhandeln wird, ist mit Skepsis zu betrachten.
  • Das Vertrauen in die Daten kann durch Explainable AI sehr gut verbessert werden. Das heißt, dass Zusatzinformationen und Kommentierungen zu Gründen bereit gestellt werden
  • Explainable AI schafft es sehr gut. diese Transparenz und das Verständnis zu den Zahlen erhöhen.

Herausforderungen von Planung und Analyse mit KI gelöst?

Abb. 8: Wie kann KI helfen, den Herausforderungen für Planung und Analyse zu begegnen

Das heißt also letztendlich, dass AI wirklich die Pain Points im Planungsprozess deutlich vereinfachen kann.

Wichtig ist auch der Self-Service-Aspekt. Und bei der Arbeit mit Joule ist es nicht mehr entscheidend, ob man mit der SAC oder mit S4/HANA arbeitet, weil Joule nicht Applikations-spezifisch ist und der Digitale Assistent im Vordergrund steht und nicht mehr das eigentliche System.

Fazit


KI kann die Herausforderungen in Analyse- und Planungsprozessen erheblich verbessern, indem Effizienz gesteigert wird, eine gesteigerte Transparenz Diskussionen und Verhandlungen beschleunigt und das Vertrauen in Daten durch Zusatzinformationen und Quellenangaben steigert. Die KI reduziert (weiter) das Anwendungs- und Technik-Know-how und steigert damit die Selbstbedienung. Neue Ansätze werden sich bei den Nutzern entwickeln.

KI bietet enorme Chancen für die Verbesserung von Planungs- und Analyseprozessen in Unternehmen. Um diese Potenziale voll auszuschöpfen, ist jedoch ein kritischer und reflektierter Umgang mit der Technologie unerlässlich. Unternehmen sollten KI als leistungsstarkes Werkzeug betrachten, das menschliche Expertise ergänzt, aber nicht ersetzt.

Prof. Oehler betonte die Bedeutung einer ausgewogenen Herangehensweise:

  • Klare Trennung zwischen vertrauenswürdigen Informationen und KI-gestützter Unterstützung
  • Nutzung von KI für Vorschläge und Zusammenfassungen, die dann vom Menschen überprüft und angepasst werden
  • Entwicklung von „erklärbarer KI“, um die Nachvollziehbarkeit von KI-Entscheidungen zu verbessern.

 

Fragen und Antworten

  • „Ist Joule ausschließlich in Verbindung mit S/4HANA verfügbar?“
    Die erste Anwendung fand in S/4HANA statt, aber es wird jetzt auch in Kürze auf SAP Analytics Cloud (SAC) ausgedehnt, so dass man hier genau den gleichen Assistenten nutzen kann. Wir gehen auch schon einen Schritt weiter und in einer Kooperation mit Microsoft verbinden wir den Co-Piloten von Microsoft entsprechend. Warum ist das wichtig? Mit der SAC haben wir eine sehr interessante Planungsunterstützung in Excel. Das heißt, ich kann komplett in Excel planen. Wenn die beiden, das heißt Co-Pilot und Joule zusammenarbeiten, dann kann ich im Grunde genommen auch in Excel mit dem Co-Piloten beispielsweise arbeiten und der überträgt einfach die Anfragen an Joule und umgekehrt . Was auch bemerkenswert ist, ich habe auch  Joule gefragt, wer ist eigentlich Carsten Oehler? Und das Erstaunliche, hier kam die richtige Antwort. Warum? Weil Joule unsere internen Informationssysteme angreift und da stehen natürlich viel detaillierte Informationen über Carsten Oehler drin.
  • Welche Rollen spielt die vorausgehende Harmonisierung von Datenmodellen und sprechende Namenskonvention?
    Schlechte Datenqualität oder Probleme der Datenqualität kann KI zum Teil auch überwinden. Die Klassiker wie „Google Flu“ war so ein System, womit Grippe Epidemien vorausgesagt werden konnten und zwar deutlich besser, als die statistisch erhobenen Informationen von den Gesundheitsämtern. Das hat gezeigt, dass unscharfe Modelle durch die schiere Masse exakten Modellen überlegen sind. Das gleiche gilt für die Sprachübersetzung. Sprachwissenschaftler haben sich Gedanken gemacht, wie man eine Sprache perfekt strukturieren kann, damit ein Informationssystem wirklich arbeiten kann. Was hat „Google Translate“ gemacht? Sie haben sich die EU-Protokolle, die in vielen Sprachen übersetzt worden sind, genommen und daraus gelernt. Das heißt also mit un-scharfen Informationen kommt man unter Umständen weiter und insofern kann KI natürlich auch helfen dabei, diese Unschärfen zu überwinden. Aber die Konsequenz ist natürlich, dass das Ergebnis vielleicht dann doch nicht ganz so 100% vertrauenswürdig ist. Insofern wird es gerade bei kritischen Informationseinheiten darauf ankommen, dass man diese Informationsaufbereitung sehr sorgfältig machen muss.
    Wenn ich jetzt real viel SAP im Einsatz habe, dann ist ja gerade durch das ERP-System schon sehr viel an Standardisierung, Normierung vorgenommen worden. Kritisch wird es mit externen Informationen, die an Bedeutung gewinnen. Hier wird die Notwendigkeit bestehen, diese Angleichung, also auch Namenskonventionen entsprechend transformiere. Hier wird es einfacher, weil auch das Aufsetzen eines ETL-Prozesses mit Joule bzw. mit den entsprechenden Komponenten unterstützt werden kann. Aber trotzdem ist wahrscheinlich immer noch der Eingriff notwendig. Das heißt, es wird einfacher, das zusammenzuführen. Aber die Empfehlung ist, trotzdem zu schauen, dass das Data-Warehouse nicht überflüssig wird. Es dienst weiter als eine stabile Basis, denn dann sind auch die Informationen, die rauskommen, absolut vertrauenswürdig und in den Bereichen, wo es darauf ankommt, wo es nicht nur ungefähr auf Trends ankommt, brauche ich einfach exakte Informationen. KI muss überhaupt eine Chance haben, zu wissen, was welche Daten sind, also wo steckt Umsatz drin und wo stecken Kosten drin? Das ist durchaus eine Herausforderung. Die klassischen Probleme, dass im Unternehmen drei Umsatzdefinitionen vorhanden sind, die verschwinden ja nicht und das dürfte die KI verwirren. Wenn wir mit IFRS und HGB arbeiten, haben wir auch unterschiedliche Definitionen. Das heißt, das muss eine KI auch bewältigen können und insofern ist es sinnvoll, dies möglichst einfach zu gestalten, das heißt also eine Normierung vorzunehmen. Das heißt, die klassischen begrifflichen Unschärfen sollten vereinheitlicht werden. Das heißt also, die Problematik wird nicht durch KI verschwinden, aber KI kann dabei unterstützen, diese begrifflichen Unterschiede zu überwinden und von einer einheitlichen Umsatzdefinition auszugehen.

Wenn Sie weitere Fragen zu SAP Analytics Cloud und KI haben:
schicken Sie uns eine E-Mail oder
fragen Sie Dr. Armin Elbert telefonisch: +49 621 596 838-50

Ich habe eine Frage zu KI in Planung und Analyse