Alle Artikel

Autor

Anja Kaup
PR und Marketing Managerin

E-Mail
anja.kaup@infocient.de

Design-Thinking ist ein Konzept zur kreativen Problemlösung. Der Prozess zielt darauf ab, möglichst viele Erfahrungen, Meinungen und Perspektiven in Bezug auf eine Problemstellung zusammenzubringen.

Der Design-Thinking Ansatz ist „human-centered“ – also am Menschen orientiert, und benötigt drei Komponenten:

  • Menschen
  • Prozesse und
  • (Frei-)Räume.

1. Was ist das Ziel von Design Thinking?

Ziel ist, innovative Produkte und Dienstleistungen in interdisziplinären Teams zu entwickeln, die die Bedürfnisse der Nutzer erfüllen.

Gleichzeitig ist die technische Machbarkeit zu beachten und die Wirtschaftlichkeit der Lösung sicher zu stellen.

Eine Innovation entsteht aus der Schnittmenge dieser drei Komponenten: also dann, wenn das Produkt attraktiv für Nutzer ist (Desirability / Wünschbarkeit), technisch umsetzbar und wirtschaftlich zu produzieren ist.

DesignThinking

Abb. 1: Innovation als Schnittmenge im Design Thinking Prozess
Quelle: Lehrveranstaltung an der Hochschule RheinMain im Wintersemester 2015/16. Dozent: Prof. Dr. Dirk Voelz, Folien mit Genehmigung von Jochen Gürtler

2. Geschichtlicher Hintergrund

Entwickelt wurde die Methode von den Informatikern der Stanford University Terry Winograd, Larry Leifer und von David Kelley, dem Gründer der Design- und Innovationsagentur IDEO. Im Jahr 2003 gründeten sie die d.school Stanford. Unterstützt wurden sie dabei durch den SAP-Gründer Hasso Plattner. Er erkannte das Potenzial von Design Thinking und stiftete 2007 die HPI School of Design Thinking Potsdam.

Dieser Verbindung ist also geschuldet, dass insbesondere die SAP SE Design Thinking als Ansatz nutzt und die Entwicklungseinheiten mit den Kunden und deren Endnutzern zusammenarbeiten.

3. Besondere Kennzeichen

Flexible Raumnutzung
Kreative Ideen erfordern eine entspannte Stimmung. Typische Büroräume eignen sich schlecht für den kreativen Denkansatz Design-Thinking. Möbel in den Räumen müssen ständig umgestellt werden können, um dynamische, sich schnell entwickelnde Projekte entsprechend unterstützen zu können.

Eine kreative Arbeitsumgebung findet sich beispielsweise in den SAP App Häusern. Das SAP App Haus in Heidelberg bietet beispielsweise die Möglichkeit, an einem Abend ein großes Social Event zu veranstalten, am nächsten Tag ein Meeting mit Fokus auf strategische Themen, um dann für den Rest der Woche eine Workshop-Umgebung für Software-Design zu erzeugen.

AppHaus Workshopraum

Abb. 2: Kreatives Arbeitsumfeld im SAP App Haus in Heidelberg,
Quelle: https://apphaus.sap.com/location/heidelberg

Weitere SAP App Häuser finden sich in Berlin, Palo Alto, New York und Korea.

Post-It’s
Die Ideen der einzelnen Gruppenmitglieder werden auf Post-It´s geschrieben und auf alle möglichen Oberflächen im Raum geklebt. Das führt dazu, dass man alle Möglichkeiten im Blick behalten kann.

PostIts an Wandtrennern

Abb. 3: Gruppierung der Ideen mit Hilfe von Post-It‘s
Quelle: https://de.slideshare.net/jochenguertler/design-thinking-wie-innovative-lsungen-fr-komplexe-probleme-entstehen-knnen-jbfone-2013-mnchen

Multidisziplinäre Teams
Empfohlen ist die Zusammenarbeit in kleinen Teams mit fünf bis sechs Personen. In dieser Gruppengröße kann jede Sichtweise berücksichtigt werden. Außerdem sollten die Teammitglieder unterschiedliche fachliche Hintergründe und Funktionen haben und offen für andere Perspektiven sein. Solche heterogenen Teams finden leichter innovative Antworten auf komplexe Fragestellungen.

4. Design Thinking als Prozess

Design-Thinking ist ein iterativer Prozess. Das bedeutet, dass viele Schritte im Prozess mehrmals durchlaufen werden und oftmals nachträglich verändert werden. An jedem Punkt des Projektes kann man zurückspringen und auf neue Anforderungen reagieren.

Die ersten drei Schritte „Verstehen“, „Beobachten“, „Sichtweise definieren“ stellen das Problemverständnis her, die letzten drei Schritte „Ideen finden“, „Prototypen entwickeln“ und „Testen“ dienen der Lösungsfindung. Design-Thinking ist ein offener Denkansatz, ein eindeutiges Ergebnis oder die richtige Lösung gibt es hier nicht.

Design Thinking iterativer Prozess
  1. Verstehen:
    Kreatives Arbeiten benötigt eine gute Planung. Es gilt herauszufinden, welche Probleme Nutzer oder Kunden haben, was die Gruppe herausfinden soll, und wo man die Benutzergruppe überhaupt findet. Die Teammitglieder richten einen gemeinsamen Arbeitsplatz ein und planen die Recherchemaßnahmen mit dem Ziel, zu Experten für dieses Thema zu werden.
  2. Beobachten:
    In diesem Schritte geht es um die Nutzer und ihre Erlebnisse mit einem bestimmten Produkt oder einer Dienstleistung.
    Durch Nachfragen und Zuhören entwickeln die Gruppenmitglieder Empathie und erhalten einen besseren Eindruck von der Situation der Nutzer. Dazu ist es oft auch ratsam, die Büroräume zu verlassen und in den Alltag der Zielgruppe einzutauchen
    Es geht darum, Kunden zu beobachten und zu begleiten, oder sich in die Lage der Person zu versetzen, indem sie es selbst ausprobieren und erleben.
  3. Sichtweise definieren:
    In den vorangegangenen Schritten „Verstehen“ und „Beobachten“ haben die Prozessteilnehmer etwas Neues dazugelernt. Die Gruppenmitglieder präsentieren sich gegenseitig ihre Erkenntnisse. Storytelling ist eine gute Methode, um Erkenntnisse und Erfahrungen auszutauschen. Rückfragen helfen, eine gemeinsame Sicht zu generieren.
    Die Erkenntnisse werden auf Post-It-Notizen festgehalten und strukturiert. Dabei werden mehrere Szenarien abgebildet, Post-It´s werden mehrmals umstrukturiert und mit anderen gruppiert. Skizzen sind dabei geeignet, das vorhandene Wissen zu visualisieren und so zu kommunizieren.
    Aus den gewonnen Informationen werden typische Benutzer und Benutzergruppen ermittelt und in Form von Personas
    Personas sind Steckbriefe für (auch fiktive) Kunden oder Nutzer, die diese beschreiben und aussagen, wieso und wie dieser Kunde ein neues Produkt oder eine Dienstleistung nutzen würde.
  4. Ideen finden:
    Bei der Ideenfindung ist es wichtig, sich nicht nur auf einen Aspekt oder eine Methodik festzulegen, sondern viele unterschiedliche Methoden auszuprobieren (z.B. Brainstorming, method 365, Walt-Disney Methode). Diese Ideen können mehrmals durchiteriert werden. Am Ende fällt die Entscheidung für eine der Ideen. Diese sollte die vielversprechendste bezüglich Attraktivität, Umsetzbarkeit und Wirtschaftlichkeit sein. Dabei ist wegen der Orientierung am Nutzer die Attraktivität etwas stärker zu gewichten als Umsetzbarkeit und Wirtschaftlichkeit.Ein paar grundlegende Regeln für die Ideenfindung sind:
    • Immer den Nutzer im Auge behalten
    • Beim Thema bleiben
    • Nur eine Diskussion gleichzeitig führen
    • Zu wilden Ideen ermutigen
    • Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte
    • Die Ideen der anderen weiterentwickeln
  5. Prototypen entwickeln:
    Im vorletzten Schritt geht es darum, die ausgewählten Ideen in Form von Prototypen auszuprobieren. Prototypen können unterschiedliche Formen annehmen: vom Papiermodell über ein Rollenspiel bis hin zu Storytelling. Es muss keine Funktionen des Endproduktes haben, es geht darum, etwas Greifbares zu haben, damit sich der Kunde oder Nutzer vorstellen kann, wie das Produkt oder die Dienstleistung eventuell aussehen könnte. Hierbei können neue Anforderungen durch die Rückmeldungen des Kunden entstehen.
  6. Testen:
    Der letzte Schritt ist das Testen. Der Kreis schließt sich – mit dem Prototyp vor Augen sollen Anwender erfahren, worum es bei diesem Produkt oder dieser Dienstleitung geht. Benutzer sollen den Prototypen ausprobieren und sich überlegen, was ihnen gefällt, was sie stört und ob ihre Kundenbedürfnisse abgedeckt sind. Apps wie „POP“ ermöglichen das Erstellen eines klickbaren App-Dummys aus gemalten UI-Entwürfen[3]. Spannend sind auch Fragen nach dem Wert („Wieviel würden Sie für dieses Produkt bezahlen?“) oder nach Erweiterungen („Sehen Sie in Ihrem Alltag weitere Einsatzmöglichkeiten?“).

5. Rahmenbedingungen

  • Der Grundgedanke ist, auf Kunden- bzw. Nutzerwünsche einzugehen und eine wirklich nutzenstiftende Lösung anbieten zu können.
  • Jeder Aufgabenteil ist in einem bestimmten Zeitraum zu erledigen, da die Teilnehmer nicht endlos kreativ sein können.
  • Es kann jederzeit zu einem vorherigen Schritt zurückgesprungen werden, falls Veränderungsbedarf entsteht. Trotzdem sollte das Zeitfenster nicht ignoriert werden.
  • Es geht nicht darum eine Idee in der Gruppe durchzusetzen, sondern das Beste aus allen Ideen zu verbinden.
  • Gespräche mit den Kunden und Nutzern sollten niedergeschrieben werden, da es hilfreich ist, zwischen den Zeilen zu lesen, und es sollten möglichst viele unterschiedliche Personen befragt werden.

Tipps zur Weiterbildung:

 

Coverphoto: Christian Perner auf Unsplash – Chicago, United States – white concrete building wall