Ursprünglich veröffentlicht am 29. Juli 2020.
Verfasst von: Anja Kaup (PR und Marketing Managerin) – anja.kaup@infocient.de,
Recherche: Lukas Noll
Bei der Gestaltung eines strategischen Dashboards geht es im Reporting Design darum, mit dem Fachbereich, meist Controllern, die richtige Mischung aus Flexibilität und Beschränkung zu finden. Dashboards sind flexibler als Standardberichte, gleichzeitig muss man sich bei der Auswahl der darzustellenden Kennzahlen auf die wichtigsten Zahlen beschränken und eine Story für die Analyse vorgeben.
Dashboards visualisieren Analysen, die über das bloße Berichten von Metriken und Zahlen hinausgehen. Sie unterstützen Unternehmen dabei, Entscheidungen zur Steuerung des Unternehmens zu treffen.
Wie gestalte ich ein solches Dashboard? Gibt es eine Methode, die richtigen Kennzahlen zur Unternehmenssteuerung für das Dashboard zu finden – in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich?
Tatsächlich gibt es Methoden und Tools für den Dashboard Design Prozess.
Zur bildlichen Vorstellung vergleichen wir diesen Prozess mit Parallelen aus dem Bogenschießen. Während eines Sommerurlaubs an der Côte d’Azur, nahm ich am angebotenen Training teil und entdeckte Parallelen. Geht es doch darum, mit Hilfe von guter Vorbereitung und Prozessoptimierung ins Schwarze zu treffen, so wie es beim Dashboard Design darum geht, mit guter Vorbereitung und Prozessoptimierung die Kernaussagen zu treffen und zu visualisieren.
1. Analyse des Status Quo
Bogenschießen: Beim ersten Bogenschießen-Training werden Sie gefragt werden, ob Sie Rechts- oder Linksäugig sind. Hintergrund der Frage ist, dass das dominante Auge bestimmt, ob der Bogenschütze mit einem Rechtshand- oder Linkshandbogen schießen sollte. Um dies herauszufinden, sollten Sie ein Ziel in ca. 10 m – 20 m Entfernung betrachten und mit dem Zeigefinger darauf zeigen. Schließt man abwechselnd die Augen, sieht man, bei welchem Auge der Zeigefinger neben das anvisierte Ziel „springt“. Das Gehirn verarbeitet Informationen von Person zu Person anders, das muss beim Zielen berücksichtigt werden. Entsprechend erhalten Sie einen Rechtshand- und Linkshandbogen.
Übertragen auf den Dashboard-Design-Prozess heißt das, dass zuerst herausgefunden werden muss, wie das Unternehmen „tickt“. Was lenkt das Denken und Handeln der Beteiligten?
Die wichtigsten zu klärenden Fragen sind:
- Wie – mit welchen Kennzahlen – steuern Sie das Unternehmen?
- Welche Kennzahlen sind führend, um Entscheidungen zu treffen?
Wenige Unternehmen können diese Fragen sofort beantworten. Es gibt auch nicht „die Top-Kennzahl“, die sich auf alle Unternehmen übertragen lässt. Abhängig von der Branche, der Art der Produkte oder Dienstleistungen, der Marktsituation und der Anforderungen unterscheiden sich die wichtigsten Steuerungsparameter. Es ist immer ein individueller Prozess, der die Kennzahlen individuell priorisiert.
Weitere wichtige Fragen, die zu Beginn zu klären sind, um das gewünschte Ziel zu erreichen:
- Wer ist die Zielgruppe? CEO, Manager, Personaler, Berater, Analysten?
- Auf welcher Plattform soll das Dashboard entwickelt werden (Desktop, Mobil)?
- Wie werden Daten hierarchisiert?
- Wo liegen die Datenquellen?
- Was ist der Stichtag für die erste und die finale Version des Dashboards?
- Bedarf es mehren Seiten bzw. Tabs?
- Was soll beim ersten Blick aufs Dashboard deutlich werden?
Die Kernaussage sollte innerhalb von 5 Sekunden ersichtlich sein!
2. Vorarbeit mit ganzheitlichem Blick
Beim Bogenschießen gehören zur Vorbereitung Lockerungs- und Mobilisierungsübungen für Rücken, Schultern und Hände, die so auf ihren Einsatz vorbereitet werden. Zur Vorbereitung gehört auch das Vertrautmachen mit dem Bogen und die Einweisung in die Sicherheitsregeln.
Im nächsten Schritt gilt es, sich hüftbreit aufzustellen und einen sicheren, festen Stand einzunehmen – als Fundament des Schusses. Die Bogensehne wird nicht mit einem einzelnen Muskel wie dem Bizeps gezogen. Im gesamten Rücken muss Rückenspannung aufgebaut werden und das Schulterblatt nach hinten gezogen werden.
Übertragen auf den Dashboard Design-Prozess gehört es zur Einweisung und Vorbereitung, die Kennzahlen zu definieren und mit anderen Kennzahlen in Bezug zu bringen.
1. Definition der Kennzahlen: Die gemeinsame Diskussion und Verabschiedung, wie eine Kennzahl definiert ist und welche Dimensionen betrachtet werden sollen, begründet das Fundment des Prozesses.
Dimensionen setzen Kennzahlen in Bezug zu Eigenschaften. Beispielhaft zu nennen für die Kennzahl Umsatz sind:
- Region
- Kunden
- Produkt
- Verkäufer
- Lieferant
- Zeitperiode
Auf welche Dimension man sich beschränkt, bzw. welche Dimensionen genauer analysiert werden müssen, ist eine spannende Auseinandersetzung.
2. Beziehung der Kennzahlen: Die Beziehung der Kennzahlen kann eine mathematische Formel oder ein inhaltlicher Zusammenhang sein.
Die mathematische Formel für den Umsatz lautet: Umsatz = Preis x Menge.
Dieser Zusammenhang gibt Aufschluss über die Möglichkeiten, die sich bieten, um den Umsatz zu erhöhen.
Auch hier sind die Dimensionen interessant, die für eine Darstellung gewählt werden sollen: regionale Verteilung, Produktverteilung oder zeitlicher Verlauf. Und es ergeben sich Anschlussfragen:
- Wie soll der zeitliche Verlauf dargestellt werden, in monatlicher oder jährlicher Darstellung?
- Sollte man die Ist-Zahlen gegen Zahlen des letzten Jahres darstellen,
- oder Ist-Zahlen gegen-über Planzahlen?
- Wählt man kumulierte oder periodische Darstellungen?
3. Strukturierung der Kennzahlen mit Kennzahlenbäumen
Ein Schuss beim Bogenschießen wird in verschiedene Phasen und Bewegungsabläufe eingeteilt, die durch bewusstes Training der einzelnen Abläufe automatisiert werden sollen. So kann der perfekte Schuss erzielt werden.
Bei der Überlegung, welche Kennzahl für das Dashboard ausgewählt und wie dargestellt werden soll, müssen die Kennzahlen aufgeschlüsselt werden. Man dringt immer weiter in die Tiefe der Dimensionen vor.
Kennzahlenbäume helfen dabei, diesen komplexen Prozess zu ordnen. Für jede Kennzahl kann eine Storyline gezeichnet werden. Diese Storyline verfolgt eine Kennzahl in die tieferen Dimensionen nach unten oder auf gleicher Höhe nach links und rechts zu weiteren Dimensionen.
Abb. 1: Du Pont Kennzahlensystem, aus W. Gladen, Kennzahlen- und Berichtssysteme, Gabler Verlag, Wiesbaden 2001, S. 68
Infocient hat ein Navigationskonzept entwickelt, das die Navigation in verschiedene Richtungen ermöglicht und am Ende verschiedene Sichten der Kennzahlen vorhält.
Welche Grafik sich für welche Sicht am besten eignet, muss genau überlegt werden.
Eine Grafik muss viele Informationen beinhalten. Die grafische Darstellung kann nicht von der Navigation getrennt betrachtet werden, weil beide dazu beitragen, die Komplexität der Kennzahl-Analyse abzudecken.
Konkrete weitere Fragestellungen, die für die Dashboard-Gestaltung gelöst werden, sind:
- Welche Funktionen werden durch das Klicken des Anwenders ausgelöst?
- Welche Parameter beeinflusst ein gesetzter Filter?
- Wie tief kann bei einem Drilldown detailliert werden?
- Welchen Einfluss hat ein Drilldown auf andere Komponenten des Dashboards?
- Wie viele Queries werden benötigt und welche Komponenten sind von den Queries betroffen?
- Erfüllen die gewählten Komponenten die Anforderungen der Zielgruppe?
Dieser Prozess ist komplex und bedarf vieler Entscheidungen. Immer wieder wird überprüft, ob die Wege richtig sind,, die bei der Darstellung einer Kennzahl eingeschlagen werden. Das Projektteam ist gefordert, alte Konzepte zu überdenken und neue Wege zu gehen, evtl. auch mit alten Vorgehensweisen aufzuräumen.
4. Mock-Up und Feedback
Bogenschießen: Nach dem Abschießen der Pfeile darf man auf ein Signal hin die eigenen Pfeile kontrollieren und einsammeln. Die Kontrolle gibt Aufschluss für die nächsten Schüsse. Landen die Pfeile mehrheitlich in der linken oberen Ecke, sollte man das nächste Mal tiefer und etwas nach rechts zielen.
Im Dashboard-Design Prozess wird ein visuelles Mockup erstellt, das den zukünftigen Anwendern im nächsten Schritt gezeigt wird, um Feedback einzuholen. Können die Wünsche und Anforderungen der Anwender erfüllt werden? Erfassen die Zielgruppen die Kernaussage? Welche Informationen leiten die Anwender aus dem Dashboard ab?
Folgende Punkte sollten nebenbei beachtet werden, um das Layout und das Mockup zu erstellen:
- Die Platzierung der Komponenten und Filter
- Die Farbgestaltung des Dashboards (mehr dazu)
- Festlegen der Filter die angezeigt oder ausgeblendet werden sollen
- Design der Symbole und Logos, falls benötigt
5. Trainer und Berater helfen bei der Zielerreichung
Trainer helfen beim Bogenschießen bei der Zielerreichung. Sie erklären den Bogen und den Ablauf, beobachten den Bewegungsablauf, korrigieren die Haltung, kontrollieren das Ergebnis und geben Tipps zur Neuausrichtung.
Auch für den Dashboard-Design Prozess sind Berater ein wichtiger Partner, der Strukturierungshilfe gibt und die Zielerreichung unterstützt. Unternehmen sind in den seltensten Fällen in der Lage, diesen Prozess selbst zu gestalten.
Es ist nicht nur die oft zitierte Betriebsblindheit, die nach einem frischen Blick von außen verlangt. Berater können die Kommunikation zwischen Abteilungen leichter moderieren, kennen die technisch machbaren Möglichkeiten im Hintergrund und weisen meist langjähriges Erfahrungswissen bei der Analyse und Gestaltung von Prozessen auf.
Fazit
Im Reporting Design geht es bei der Gestaltung eines strategischen Dashboards darum, die richtige Mischung aus Flexibilität und Beschränkung zu finden. Dashboards sollen zum Spielen mit Daten anregen, sie erlauben es, der Intuition zu folgen und bieten mehr Flexibilität als Standardberichte. Doch die erforderliche Beschränkung bei der Auswahl der darzustellenden Kennzahlen und das Vordenken der Navigation in einem Dashboard ist ein komplexer Prozess, der nicht zu unterschätzen ist.
Die Definition von Kennzahlen und die Vernetzung dieserer Kennzahlen bilden das betriebswirtschaftliche Fundament des Prozesses.
Die Entscheidung, mit welchen Kennzahlen ein Unternehmen sein Geschäft steuern möchte, bedarf der Analyse und Diskussion.
Mit Hilfe von Kennzahlbäumen, einem Navigationskonzept und einem Beratungspartner lässt sich der Prozess gemeinsam mit der Fachabteilung strukturieren.
Storyboards und Mockups des Dashboards sollten mit der Zielgruppe getestet werden.
Es gibt kein Dashboard für alle. Aber es gibt eine Methode und ein Navigationskonzept, auf die Sie sich verlassen zu können. Mit dieser Methode gestalten auch Sie Ihr strategisches Dashboard, das Kontext und qualitative Informationen für Entscheidungen liefert. Wenden Sie sich bei Fragen dazu an unsere Wissensexperten: contact@infocient.de.
P.S. Das Bogenschießen-Training an der Côte d’Azur endete übrigens mit einem kleinen Turnier, bei dem mein Mann und ich dank der guten Vorbereitung punktgleich abschnitten.
Coverphoto: Vince Fleming auf Unsplash – Palomar Christian Conference Center, Palomar, United States
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