Ursprünglich veröffentlicht am 23. September 2022.
Verfasst von: Anja Kaup (PR und Marketing Managerin) – anja.kaup@infocient.de
SAP Data Warehouse Cloud steht im Fokus der weiteren Entwicklung von SAP. Die Frage ist, wie sich SAP BW/4HANA zukünftig positioniert. Bedeutet der Fokus auf Data Warehouse Cloud das Ende von SAP BW? Sind die Lösungen parallel einsetzbar? Was ist der Vorteil beider Lösungen? Wann und für wen lohnt sich die Einführung von SAP BW/4HANA oder SAP Data Warehouse Cloud? In diesem Beitrag betrachten wir die Strategie der SAP, damit Sie Entscheidungen leichter treffen können.
Strategische Ausrichtung der SAP
Um es gleich vorweg zu nehmen: Das Business Warehouse (SAP BW) wird weiter eine zentrale Rolle in der Data Warehouse Architektur von SAP spielen.
SAP bietet für unterschiedliche Standbeine unterschiedliche Produkte an:
1. On-Premises-Lösung: Dafür ist SAP BW/4HANA das Angebot
2. Private Cloud-Lösung: Hier können Kunden SAP BW/4HANA in der Private Cloud Edition nutzen
3. Public Cloud-Lösung: Mit SAP Data Warehouse Cloud können Kunden ihr Data Warehouse in der Cloud aufbauen
Gleichzeitig gibt es hybride Nutzungsmöglichkeiten – dazu später mehr.
Abb. 1: SAP Data Warehousing Portfolio Overview, Quelle: Data Warehousing mit SAP Strategie Update, Torsten Ammon, DSAG Partnertag 2022
Kurzdarstellung der Data Warehouse Lösungen
SAP BW/4HANA
SAP BW/4HANA wurde 2016 in Version 1.0 und 2019 mit Version 2.0 veröffentlicht. Mit vielen Vereinfachungen gegenüber SAP BW on HANA ist BW/4HANA für den Betrieb auf SAP HANA konzipiert. Als Data-Warehouse-Schicht der SAP Business Technology Platform konsolidiert es Daten im gesamten Unternehmen, um eine konsistente, abgestimmte Sicht auf die Unternehmensdaten zu erhalten.
BW/4HANA zeichnet sich durch eine komplett neue Codeline aus, die um drei bis vier Millionen Codelines reduziert wurde. Resultat ist eine schnellere Gesamtperformance des Systems, das außerdem von SAP NetWeaver unabhängig ist. Auch auf Modellierungsebene wurde das BW stark vereinfacht. Die Modellierungsobjekte wurden von über zehn auf vier reduziert und die Modellierungssoftware wurde durch eine grafische Oberfläche ersetzt, den sogenannten Data Flow Modeler.
Eine ausführlichere Darstellung von SAP BW/4HANA finden Sie in unserem Beitrag „SAP BW/4HANA – was ist es und was bietet es?“
Eine Liste mit Vereinfachungen der Details von SAP BW/4HANA gegenüber SAP BW on HANA findet sich hier: Simplification List for SAP BW/4HANA 1.0
SAP Data Warehouse Cloud
SAP Data Warehouse Cloud (DWC) wurde erstmals auf der SAPPHIRE NOW im Mai 2019 angekündigt und vorgestellt und ist seit der SAP TechEd 2019 allgemein verfügbar.
SAP Data Warehouse Cloud ermöglicht es den Anwendern auf die Echtzeit-Daten aus der SAP HANA Datenbank zuzugreifen und diese Daten zu analysieren und zu visualisieren. Ein zentrales Repository konsolidiert Daten aus verschiedenen benötigten Datenquellen und stellt ein einziges Datenmodell für Reporting und Analyse bereit. Dafür steht ein umfangreicher Satz von Adaptern zur Integration von Daten aus verschiedenen Quellen zur Verfügung (einschließlich SAP und Nicht-SAP-Quellen).
Eine genauere Darstellung von SAP Data Warehouse Cloud, Anwendungsbeispielen und Vorteilen finden Sie in unserem Artikel „Was ist SAP Data Warehouse Cloud?“
Herausforderungen durch Vielzahl von Lösungen
1. Trend zu Self-Service-Lösungen
Die meisten Unternehmen haben ein zentrales Data Warehouse, das von der IT verwaltet wird und verlässliche Daten bietet, indem es Daten sammelt, harmonisiert und aufbereitet und für das Reporting zur Verfügung stellt.
Allerdings bietet ein BW nicht die Agilität, die von den Anwendern heute gewünscht wird – es ist beispielsweise nicht möglich, schnell ein zusätzliches Feld einzufügen.
Anwender finden andere Wege, um ihre Aufgaben zu erledigen. SAP bietet für unterschiedliche Anforderungen auch eine Vielzahl unterschiedlichster Produkte an.
Wie man auf der rechten Seite der Abbildung sieht, führt dieses Vorgehen allerdings dazu, dass Prozesse über mehrere Systeme hinweg gehen, Insellösungen entstehen, mehrere Kopien der gleichen Daten existieren und keine „Single Source of Truth“ mehr vorhanden ist. Zuverlässige Entscheidungen in Echtzeit sind so kaum zu treffen, Ineffizienzen entstehen, und es ist schwierig, sich in der komplexen Datenlandschaft zurechtzufinden.
Abb. 2: Trends und Herausforderungen, Quelle: SAP Compact: Die Zukunft des Data Warehousing. Strategie, Neuerungen und Roadmap
2. Trend zu Cloud-Lösungen
Cloud-Lösungen bieten eine Antwort auf aktuelle Herausforderungen:
- Wie können die Anwender darin gestärkt werden, unabhängig von der IT ihre Aufgaben lösen zu können?
- Wie können Datensilos verhindert oder aufgebrochen werden?
- Wie können schnellere Ergebnisse mit Hilfe moderner Technologie erzielt werden?
SAP DWC hilft, eine agile Schicht im BW zu schaffen, in der die Fachbereiche selbst Änderungen und Analysen durchführen können (auf der linken Seite der Abbildung unten).
Auf der rechten Seite der Abbildung hilft SAP DWC dabei, eine Klammer zu bilden durch eine einheitliche semantische Schicht über verschiedene Datenquellen und Datenarten hinweg.
Abb. 3: Trends und Herausforderungen mit SAP DWC, Quelle: SAP Compact: Die Zukunft des Data Warehousing. Strategie, Neuerungen und Roadmap
Ein weiterer Vorteil von Cloud-Produkten ist, dass man mit einer Lösung für bestimmte Anwendungsfälle beginnen kann und nicht wissen muss, welche Anwendungsfälle in den nächsten Jahren hinzukomen werden. Neuerungen und Innovationen kommen durch regelmäßige Updates bei den Anwendern an, während bei On-Premises-Lösungen erst Projekte aufgesetzt werden müssen, um einen Releasewechsel durchführen zu können.
Vision – eine harmonische IT-Landschaft
Kunden- und Beratungsunternehmen sehen sich aktuell einer vielfältigen SAP Produktlandschaft gegenüber. Allein bei Frontendtools stehen sie vor der Qual der Wahl bezüglich des Einsatzes von SAP Analytics Cloud, SAP Lumira, Crystal Reports oder Analysis Office. Für das BW gibt es unterschiedliche Release-Stände. Auch bei den Data Warehouse Lösungen besteht die Auswahl zwischen klassischem BW – wie BW/4HANA und Cloud-Produkten wie Data Warehouse Cloud.
Die Strategie der SAP ist, sich auf die Cloud-Produkte zu fokussieren. SAP ist sich allerdings bewusst, dass Kundenunternehmen in das bereits bestehende Produkt SAP BW oder SAP BW/4HANA investiert haben und stellt daher auch eine Vision zur Verfügung, wie sich die Produkte untereinander positionieren.
Die Idealvorstellung ist eine harmonisierte Einmalablage der Daten mit genau einem Zugangspunkt für alle Auswertungen – dem Data Warehouse.
Jede Überlegung, welches Tool eingesetzt werden sollte oder könnte, würde dann wegfallen.
Mit dem „Project Data Suite 2023+“ soll dieses Ziel erreicht werden. Von „speziellen Produkten“ soll der Weg hin zu „integrierten Services“ gehen.
Der „Unified Data and Analytics-“ Ansatz von SAP soll Unternehmen über ein einziges Gateway die vollständige Kontrolle über alle Daten geben, unabhängig davon, ob sie aus SAP- oder Nicht-SAP-Quellen stammen, mit sofort einsatzbereiten Konnektoren. Unternehmen können dann auf einfache Weise Vorgänge kombinieren und alle in die Lage versetzen, schnell und sicher Entscheidungen zu treffen.
Eine hohe Performance wird durch die transaktionale, analytische und modellübergreifende Datenverarbeitung auf Basis von SAP HANA erreicht. SAP Analytics Cloud ist dabei die Cloud-Lösung für Business Intelligence, Planung und Vorhersage.
Die folgende Abbildung zeigt, dass ab 2023+ die einzelnen Cloud-Lösungen stärker zusammenwachsen sollen mit der Vision, eine vereinheitlichte Suite abzubilden.
Abb. 4: Roadmap zur „Project Data Suite 2023+“, Quelle: Data Warehousing mit SAP Strategie Update, Torsten Ammon, DSAG Partnertag 2022
Herausfordernde Übergangsphase
In dieser Übergangsphase erleben wir einen Paradigmenwechsel.
Die Erfolgsformel von SAP beruhte bisher auf einer sehr flexiblen Datenbank mit hochflexiblem ABAP-Kern und freier Programmieroberfläche. Kunden konnten hier leicht Erweiterungen vornehmen und Drittanbieter konnten eigene Softwareerweiterungen entwickeln und integrieren.
Die Cloud-Lösungen verfügen dagegen über keinen ABAP-Stack mehr und bevorzugen eine „no-code/low-code“ Welt, um den Anwendern Self-Service Möglichkeiten zu bieten.
Möglicherweise wird heute weniger Flexibilität gefordert?
Um die Leistungsfähigkeit der Datenbanken nicht zu belasten, boten eigene Reporting-Lösungen bisher dagegen Abhilfe. Doch mit Embedded Analytics ist bei S/4HANA das Reporting wieder auf der Datenbank möglich.
Dies sind Beispiele, die zeigen, dass die aktuelle Übergangsphase durch viele Herausforderungen gekennzeichnet ist.
Mögliche Wege in die Cloud
Im Sinne der Planungssicherheit ist es wichtig zu wissen, dass SAP BW/4HANA eine Wartungszusage bis 2040 hat und gewisse Weiterentwicklungen stattfinden. Wirkliche Innovationen werden allerdings bei SAP Data Warehouse Cloud stattfinden.
Mit einem hybriden Ansatz kann der Übergang in die Cloud im eigenen Tempo gestaltet werden. Durch die Kombination von On-Premises- und Cloud-Lösungen können vorhandene Ressourcen und die Vorteile beider Ansätze weiter genutzt werden und gleichzeitig neue Anwendungsfälle entwickelt werden.
Abb. 5: Statement of Direction, Quelle: SAP Compact: Die Zukunft des Data Warehousing. Strategie, Neuerungen und Roadmap
Mit Hilfe der SAP BW Bridge können Datenmodelle aus dem BW in die Cloud-Umgebung gebracht werden. Die BW Bridge ist ein Bestandteil der SAP DWC. Es ist kein Konvertierungstool, sondern mit der BW bridge läuft ein BW in der Cloud. BW Bridge ist ein Weg, um die Daten aus dem BW in die Cloud zu bringen.
Es gibt zwei Möglichkeiten, um die BW On-Premises Systeme in die Cloud zu erweitern:
Abb. 6: SAP DWC Customer Journey, Quelle: Data Warehousing mit SAP Strategie Update, Torsten Ammon, DSAG Partnertag 2022
- Hybride Architektur: Kunden können mit SAP DWC starten und ihr bestehendes BW-System als hybrides System anbinden. Sie können ein Kern-Data Warehouse mit BW oder SAP BW/4HANA bauen und Daten in SAP DWC integrieren. SAP DWC dient dann als agiles, zusätzliches Element, um neue Use Cases zu ermöglichen und bestehende Datenmodelle zu erweitern.
- SAP BW Bridge: Mit Hilfe der BW Bridge lässt sich SAP BW/4HANA in die Cloud erweitern. In DWC läuft mit der BW Bridge ein ABAP-basierter Stack, so dass unterschiedliche Datenmodelle über-nommen werden können. Somit lassen sich SAP-basierte On-Premises ABAP-Datenquellen wie ECC oder S/4HANA anbinden.
Neben Datenmodellen können auch Datenflüsse aus dem BW übernommen werden.
Mit einer Shell-Konversion lassen sich Datenflüsse der Metadaten konvertieren. Mit einer Remote Conversion können auch Metadaten mit Bewegungsdaten in den Datenmodellen konvertiert werden.SAP DWC agiert mit der BW Bridge zusammen als Einheit. Der ABAP-Stack läuft auf der Bridge, unterschiedliche Quellsysteme sind verbunden. Diese Daten und Datenflüsse werden mit Use Cases in SAP DWC erweitert.
Weiterführende Informationen
- SAP SofaTalk – Gordon Witzel | SAP Data Warehouse Cloud – YouTube
- Blog: Solution Architectures On The Journey to Data Warehouse Cloud
- SAP Activate Methodology for SAP Data Warehouse Cloud
- SAP Data Warehouse Cloud, SAP BW Bridge: Overview and Technical Deep Dive
- SAP’s Overall Data Warehousing Strategy
- Learning Journey for SAP Data Warehouse Cloud
Roadmap für SAP BW/4HANA und SAP DWC
Aus der Tabelle ist der Notiz unter SAP BW/4HANA links unten zu entnehmen, dass für SAP BW/4HANA noch eine Wartungszusage bis 2040 besteht.
Abb. 7: SAP End of Mainstream Maintenance BW-related, Quelle: SAP’s Overall Data Warehousing Strategy
Die Roadmap für SAP Data Warehouse Cloud finden Sie unter:
- Release Highlights
https://www.sap.com/products/technology-platform/data-warehouse-cloud/features/release-highlights.html - https://roadmaps.sap.com/board?PRODUCT=73555000100800002141&range=CURRENT-LAST#Q3%202022
Fazit
SAP geht als Unternehmen in die Cloud und möchte seine Kundenunternehmen mit in die Cloud nehmen. SAP BW/4HANA bleibt zukunftsfähig und wird bis 2040 unterstützt. Der Wechsel von SAP BW 7.x zu SAP BW/4HANA kann ein nützlicher Zwischenschritt für Unternehmen auf dem Weg zur SAP Data Warehouse Cloud sein.
Aktuell befinden wir uns in einer Übergangsphase hin zu einem „Unified Data and Analytics“ Ansatz mit dem Ziel, eine harmonische IT-Landschaft zu schaffen, die sowohl eine Data Warehouse Komponente enthält als auch Frontend-Möglichkeiten.
Klar ist, dass es nicht um SAP Data Warehouse Cloud versus SAP BW4/HANA geht, sondern beide Lösungen aktuell von Bedeutung sind und ihre jeweiligen Vorteile haben.
Der Übergang in die Cloud ist mit Hilfe einer hybriden Architektur möglich oder direkt mit Hilfe der SAP BW Bridge. Seit Q1/2022 stellt SAP mit der SAP BW Bridge unterstützende Werkzeuge für den schrittweisen Übergang in die Cloud bereit. Der Weg und vor allem das Tempo hin in die Cloud können Unternehmen selbst bestimmen.
Es ist sehr kundenspezifisch, welcher Weg sich am besten für ein Unternehmen eignet. Als beratender Dienstleister betrachten wir die Kundensituation und wie die Übergangsphase und hybride Ansätze am besten gestaltet werden können.
Wenn Sie weitere Fragen zu SAP Data Warehouse Cloud und der Übergangsphase haben
• schicken Sie uns eine E-Mail oder
• fragen Sie Dr. Armin Elbert telefonisch: +49 621 596 838-50